Bußgelder wegen unzulässiger Videoüberwachung

An vielen Stellen sind Videokameras in der heutigen Zeit kaum mehr wegzudenken. Sie schmücken die allermeisten Bahnhöfe, Tankstellen und Verkaufsräume. Dennoch sind sie aus der datenschutzrechtlichen Sicht ein sehr dünnes Eis und oft unzulässig. Um eine Videoüberwachung datenschutzkonform einsetzen zu können müssen nämlich folgende Punkte beachtet werden:

  • Detaillierte Zweckbeschreibung und Begründung der Erforderlichkeit der Videoüberwachung
  • Die Interessenabwägung nach 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO muss zugunsten des Unternehmens ausfallen
  • Es sind bestimmte Einstellungen bei der Videotechnik erforderlich
  • Kennzeichnung des überwachten Bereichs mit speziellen Hinweisschildern
  • Definition einer kurzen Löschfrist für die Aufzeichnung
  • Bereitstellung einer ausführlichen Datenschutzinformationen

Da diese Pflichten bußgeldbewährt sind, kommt es bei Verstößen regelmäßig zu hohen Bußgeldern. Auch die Schadensersatzpflichten gegenüber den gefilmten Personen wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts dürfen nicht unterschätzt werden

Deutschland

Ein Schwimmbadbetreiber hatte in dem Bad mehrere Videokameras installiert, deren Aufnahmen gespeichert wurden. Damit wurden in unzulässiger Weise alle Personen überwacht, die sich in den Räumlichkeiten aufhielten. Mit dem externen Dienstleister, der mit der Wartung der Videoüberwachungslage beauftragt war und Zugriff auf die Aufnahmen hatte, wurde außerdem keine Auftragsverarbeitungsvereinbarung abgeschlossen. Hinzu kam, dass der Betreiber keinen Datenschutzbeauftragten benannt hatte

Im August 2020 filmte ein Mann in einem Einkaufszentrum junge, leicht bekleidete Mädchen in verdeckter Weise. Ein Passant, der dies bemerkt hatte, rief den Sicherheitsdienst des Kaufhauses. Dieser verständigte daraufhin die Polizei. Bei einer Durchsuchung des Rucksacks des Mannes stellten die Beamten neben einer Digitalkamera acht Speicherkarten sicher, auf denen sich insgesamt 156 Videodateien aus den Jahren 2013 bis 2020 befanden. Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) hat wegen eines Verstoßes gegen Art. 83 Abs. 5 lit. a) i. V. m. Art. 5 Abs. 1 lit. a), 6 Abs. 1 DS-GVO in 13 Fällen eine Geldbuße in Höhe von 5.000 Euro verhängt. Dies stellt seit Geltung der DS-GVO das höchste Bußgeld einer deutschen Behörde dar, das jemals gegenüber einer Privatperson verhängt wurde.

Mehr Informationen zu dem Bußgeld finden Sie in unserem Artikel „Heimliche Videoaufnahmen: Staatsanwaltschaft schaltet Datenschutzaufsicht ein“.

Der Wolfsburger Autobauer Volkswagen (VW) unternahm Forschungsfahrten für ein Fahrassistenzsystem zur Vermeidung von Verkehrsunfällen. Im Rahmen einer Fahrzeugkontrolle bei Salzburg fiel den österreichischen Polizeibeamten auf, dass an dem Fahrzeug mehrere Kameras angebracht waren. Diese zeichneten das Verkehrsgeschehen auf und wurden zur Fehleranalyse verwendet. Die darauffolgende Ermittlung der zuständigen Aufsichtsbehörde in Niedersachen ergab vier Verstöße gegen die Datenschutzvorgaben durch VW. Zum einen fehlte es bei den Fahrzeugen an den erforderlichen Hinweisschildern zur Videoaufzeichnung sowie weiteren Informationen zur Datenverarbeitung für die betroffenen Personen nach Art. 13 DS-GVO (z. B. Verarbeitungszweck und Speicherdauer). Eine Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 DS-GVO wurde ebenfalls nicht durchgeführt. Zudem wertete die Aufsichtsbehörde die fehlende Erklärung zu den technisch-organisatorischen Maßnahmen als Verstoß gegen die Dokumentationspflichten nach Art. 30 DS-GVO. Schließlich kam hinzu, dass der Autobauer mit dem Unternehmen, das mit der Durchführung der Testfahrten beauftragt war, keinen Vertrag über die Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DS-GVO abgeschlossen hatte.

Volkswagen kooperierte mit der Aufsichtsbehörde, akzeptierte das Bußgeld und stellte die Verstöße unverzüglich ab. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen betonte, dass es bezüglich der Datenverarbeitung im Rahmen der Forschungsfahrten an sich keine datenschutzrechtlichen Bedenken gebe. Bei der Bußgeldbemessung wurde auch positiv berücksichtigt, dass die Datenverarbeitung zur Optimierung eines Fahrassistenzsystems beitragen soll, dessen Zweck in der Vermeidung von Unfällen und mehr Sicherheit im Straßenverkehr liegt. Im Rahmen des Kooperationsverfahrens beteiligte europäische Aufsichtsbehörden, die aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters ebenfalls beteiligt wurden, trugen die Entscheidung mit.

Auf einer Website, die auf die Veröffentlichung von Aufnahmen nicht abgesicherter Kameras spezialisiert ist, wurden Live-Bilder mehrerer Videoüberwachungskameras eines Elektronikmarkts frei veröffentlicht. Neben technischen Anlagen und dem Firmengelände waren auch Kunden und Beschäftigte zu sehen. Es erfolgte zusätzlich eine unzulässige Überwachung der Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen im Kassenbereich und an Beratungsplätzen sowie eine unrechtmäßige Audioüberwachung des gesamten Markts. Neben der Verletzung des Grundsatzes der Integrität und Vertraulichkeit, wurde auch keine Datenschutz-Folgenabschätzung durchgeführt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, da der Inhaber des Elektronikmarkts Einspruch eingelegt hat.

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen verhängte gegen den Versandhändler notebooksbilliger.de AG ein Bußgeld in Höhe von 10,4 Millionen Euro wegen unzulässiger Videoüberwachung. Für den Einsatz der Kameras, die unter anderem Arbeitsplätze, Verkaufsräume, Lager und Aufenthaltsbereiche erfassten, fehle es an einer Rechtsgrundlage, weshalb die Verarbeitung unzulässig war. Insbesondere rechtfertigen die angegebenen Zwecke nicht die uneingeschränkte, dauerhafte Überwachung der Arbeitsbereiche der Beschäftigten.

Eine Autowaschkette hatte in 8 von 33 Filialen eine Videoüberwachungsanlage installiert. Von rund 60 der betreffenden Kameras wurden auch Mitarbeiter und Kunden erfasst, wobei allerdings keine Sozialräume betroffen waren. Die Aufsichtsbehörde hielt den Verstoß zwar für schwerwiegend, führte ihn aber nicht auf Vorsatz, sondern auf Fahrlässigkeit zurück. Dies wirkte sich positiv auf die Bußgeldhöhe aus. Zudem hatte das Unternehmen keinen Datenschutzbeauftragten benannt.

Ein Restaurant hatte im Gastraum mehrere Videokameras installiert. Die saarländische Aufsichtsbehörde erachtete die Videoüberwachung des Gastraums als unzulässig, da der Bereich besonders schützenswert sei. Zudem verstieß die Videoüberwachung gegen den Grundsatz der Datenminimierung.

Frankreich

Ein Übersetzungsbüro hatte in seinen Büroräumen Videokameras installiert, mithilfe derer die Arbeitsplätze der Mitarbeiter überwacht werden konnten. Hierüber wurden nicht nur Speicherfristen überschritten, sondern die Mitarbeiter auch nicht offiziell informiert. Trotz mehrfacher Beschwerden und Aufforderungen der Aufsichtsbehörde behob der Arbeitgeber die gerügten Datenschutzverletzungen bei der Videoüberwachung nicht. Bei der Bußgeldbemessung wirkten sich Anzahl der Mitarbeiter (9) und die angespannte finanzielle Situation des Unternehmens mildernd aus.

Griechenland

Ein Unternehmen hatte in den Büroräumen eine Videoüberwachung installiert, bevor die Räumlichkeiten von Kunden frequentiert und Mitarbeiter regelmäßig dort übernachteten. Die Kameras wurden später nicht deinstalliert, um Umbauarbeiten zu vermeiden. Die Aufsichtsbehörde stellt bei ihrer Untersuchung Verstöße gegen die Prinzipien der Rechtmäßigkeit, der Transparenz und der Zweckbindung fest. Zudem konnte der verantwortliche Betreiber die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nicht nachweisen, was einen Verstoß gegen die Rechenschaftspflicht darstellt.

Italien

Um der illegalen Müllentsorgung im öffentlichen Raum entgegenzuwirken, hatte eine Gemeinde in Italien an verschiedenen Orten Videoüberwachungskameras angebracht. Das beauftragte Müllentsorgungsunternehmen veröffentlichte schließlich einige der Aufnahmen auf Facebook. Dabei waren mehrere der gefilmten Personen eindeutig identifizierbar. Im Zuge der Ermittlungen stellte die italienische Aufsichtsbehörde fest, dass der Auftragsverarbeitungsvertrag (AVV) mit dem Müllentsorgungsunternehmen fehlerhaft war und dass vor Inbetriebnahme des Videoüberwachungssystems keine Datenschutz-Folgenabschätzung durchgeführt wurde. Außerdem wurden Betroffene nicht ordnungsgemäß über die im Rahmen der Videoüberwachung vorgenommene Verarbeitung ihrer Daten informiert: Informationsschilder fehlten an manchen Stellen und den Vorhandenen war auch nicht zu entnehmen, wie Betroffene eine vollständige Information über die Verarbeitung ihrer Daten erhalten konnten. Eine solche Information war auch auf der Website der Gemeinde nicht hinterlegt. Für dieses Verhalten erhielt die Gemeinde ein Bußgeld i. H. v. 150.000 Euro, das Müllentsorgungsunternehmen in einem gesonderten Verfahren ein Bußgeld i. H. v. 200.000 Euro.

Ein Restaurantbesitzer betrieb in seinem Restaurant ein Videoüberwachungssytem. Hierfür fehlte aber sowohl die gewerkschaftliche als auch die behördliche Genehmigung. Zusätzlich hatte er in seinem Restaurant auch keine Schilder angebracht, die auf die Videoüberwachung hingewiesen haben. Da er im Laufe der Ermittlungen zur Sache überhaupt keine Stellung genommen hat, verhängte die zuständige Aufsichtsbehörde dieses verhältnismäßig hohe Bußgeld.

Luxemburg

Ein Unternehmen erfasste mit seinem Videoüberwachungssystem auch Teile einer öffentlichen Straße. Dies wurde von der Aufsichtsbehörde als Verstoß gegen den Grundsatz der Datenminimierung gewertet. Die Speicherdauer der Aufnahmen von einem Monat und elf Tagen stellte zudem einen Verstoß gegen den Grundsatz der Speicherbegrenzung dar. Außerdem hatte das Unternehmen seine Informationspflicht verletzt, da den Hinweisschildern zur Videoüberwachung erforderliche Angaben nach Art. 13 DS-GVO gefehlt haben.

Rumänien

Ein Nahrungsmittelhersteller hatte in der Kantine sowie in den Umkleideräumen seiner Beschäftigten zum Schutz der Ware und zur Abschreckung der Mitarbeiter vor Diebstahl mehrere Videokameras installiert. Die rumänische Aufsichtsbehörde sah hier allerdings einen Verstoß gegen die Prinzipien der Zweckbindung und Datenminimierung, da eine solch umfangreiche Überwachung allerdings nicht erforderlich oder zweckdienlich sei. Darüber hinaus verstieß das Unternehmen gegen die Rechenschaftspflicht, da es nicht nachweisen konnte, dass die Datenverarbeitung im Rahmen der Videoüberwachung rechtmäßig war.

Schweden

Nachdem es im Treppenhaus eines vermieteten Wohnhauses zu mehreren Fällen von Vandalismus und Belästigung kam, installierte das verantwortliche Immobilienunternehmen eine Kamera. Diese erfasste allerdings auch direkt die Tür einer Mietwohnung und damit Teile des Wohnraums, wenn die Tür offenstand, was eine unzulässige Überwachung darstellt.

Spanien

Eine Frau erlitt in dem betreffenden Unternehmen einen Unfall. Im Rahmen einer Auskunftsanfrage nach Art. 15 DS-GVO zur Geltendmachung von Ansprüchen verlangte sie die Herausgabe von Aufnahmen der Videoüberwachung. Sie nutzte dafür das Kontaktformular des Kundenservices, parallel verfasste ihr Anwalt ein Schreiben. Eine Antwort blieb allerdings in beiden Fällen aus. Auf Nachfrage des Anwalts über einen Monat nach dem Auskunftsersuchen erklärte der Datenschutzbeauftragte des Unternehmens, dass die angeforderten Videoaufnahmen einen Monat nach ihrer Aufzeichnung gelöscht wurden.

Ein Radiosender hatte in seinen Geschäftsräumen insgesamt 14 Kameras installiert, die auch Büroräume der Mitarbeiter erfassten und rund um die Uhr aufzeichneten. Unter anderem erfasste eine Kamera im Eingangsbereich einen Aufenthaltsbereich für Beschäftigte. Die Datenschutz-Aufsichtsbehörde sah darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Datenminimierung. Zudem hatte der Betreiber die betroffenen Personen nicht über die damit einhergehende Verarbeitung ihrer Daten informiert. Von dem Bußgeld entfielen 20.000 Euro auf den Verstoß gegen das Prinzip der Datenminimierung und 6.000 Euro auf den Verstoß gegen das Transparentgebot. Beide Beträge wurden aufgrund fristgemäßer Zahlung und/ oder eines Schuldeingeständnisses auf 16.000 Euro bzw. 3.600 Euro reduziert.

Ein Ladenbesitzer hatte an der Gebäudefassade Kameras installiert, die unter anderem den Zugang zum Haus sowie zum angeschlossenen Warenlager erfassten. Die Kameras dienten lediglich der Abschreckung und zeichneten nicht auf. Da für die Betroffenen allerdings nicht erkennbar ist, dass die Kameras nicht in Betrieb sind, bewertete die Aufsichtsbehörde den Fall dennoch als unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre. Der Verantwortliche erkannte die Schuld an und zahlte sofort, weshalb das Bußgeld von 2.000 Euro auf 1.200 Euro reduziert wurde.

Ein Restaurantbetreiber hatte in seinen Räumlichkeiten zwei Kameras angebracht, die unter anderem eine öffentliche Straße erfassten. Ein Betroffener reichte deshalb Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde ein, die ein Bußgeld in Höhe von 2.000 Euro verhängte. Da der Verantwortliche sofort zahlte, wurde die Geldbuße auf 1.600 Euro reduziert.

Die Behörde verhängte gegen einen Ladenbesitzer ein Bußgeld, da die Videokameras an seinem Geschäft öffentlichen Raum erfassten. Aufgezeichnet wurden unter anderem ein anliegender Parkplatz, der Gehweg sowie benachbarte Häuser. Als Grund für den Einsatz der zwei Kameras gab der Ladenbesitzer Diebstahlschutz an, was aus Sicht der Aufsichtsbehörde allerdings keine solch umfassende Überwachung rechtfertigt.

Österreich

Die Videoüberwachung in einem Wettlokal war nicht ausreichend markiert und ein großer Teil des Gehsteigs der Anlage wurde aufgezeichnet. Eine Überwachung des öffentlichen Raums in großem Umfang durch Privatpersonen ist nicht zulässig.