Dass in einem Scheidungsverfahren oftmals mit harten Bandagen gekämpft wird, ist wohl eher die Regel als die Ausnahme. Dass die beteiligte Ehefrau aber auch noch wegen eines vermeintlichen Datenschutzverstoßes gegen das zuständige Amtsgericht in Person der vorsitzenden Richterin vorgeht, kommt dagegen nicht alle Tage vor. Genau das ist allerdings bei einem Scheidungsverfahren vor dem Berliner Amtsgericht geschehen: Die Noch-Ehefrau warf der zuständigen Richterin vor, ihre personenbezogenen Daten unzulässigerweise bei einer Internetrecherche verwendet zu haben und reichte entsprechend Klage wegen Verletzung des Datenschutzes ein. Erscheint der Fall auch erst einmal skurril, ist die Entscheidung des Gerichts durchaus für datenverarbeitende Stellen relevant, wenn es darum geht, was genau unter „personenbezogenen Daten“ zu verstehen ist.

Der Fall

Vor dem Amtsgericht (AG) Pankow/Weißensee fand ein Scheidungsverfahren zwischen der späteren Klägerin und ihrem Noch-Ehemann statt. Darin verlangte die Frau Trennungs- und Kindesunterhalt. Um die unterhaltsrelevante Wohnfläche der Frau korrekt bemessen zu können, gab die zuständige Richterin die genaue Adresse der Klägerin bei Google Maps ein. Aufgrund dieser Recherche findet sich im korrespondierenden Beschluss des AG folgender Satz: „… bei einer bei Google Maps ersichtlichen Grundfläche des Doppelhauses von über 150 qm (dürfte) die Immobilie der Beteiligten mindestens eine Wohnfläche von 100 qm haben …“

Da die Frau in eine entsprechende Recherche bei Google Maps nicht eingewilligt hatte, ging sie von einer Datenschutzverletzung aus. Daraufhin klagte sie beim Landgericht (LG) Berlin gegen das AG Pankow/Weißensee und forderte immateriellen Schadensersatz i. H. v. 2.000 Euro zzgl. Zinsen und rechtfertigte dies mit einer „massiven Rechtsverletzung“. Die Klägerin war der Meinung, dass jede Ansichtsfunktion bei Google Maps personenbezogene Daten in ein unsicheres Drittland – hier die USA – übermittelt. Da es sich ihrer Meinung nach bei ihrer Wohnadresse um ein personenbezogenes Datum gem. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO handelt, wurden ihre Daten unerlaubt in die USA übermittelt.

Das beklagte AG Pankow/Weißensee beantragte die Klageabweisung. Es wurden keine personenbezogenen Daten abgefragt, da weder Lage noch Größe des Hauses ein personenbezogenes Datum gem. Art. 4 Nr.1 DS-GVO darstellen. Im Übrigen ist der Einsatz von Google Maps in allen Gerichten Deutschlands gängig und durch Art. 6 Abs. 1 lit. c) und e) gerechtfertigt. Zusätzlich ist ein Schaden bei der Klägerin nicht erkennbar, da ein schlüssiger Sachvortrag fehlt.

Die Entscheidung

Das LG Berlin entschied zugunsten des beklagten AG (LG Berlin, Urteil v. 27.01.2022, Az.: 26 O 177/21). Bei den in Google Maps eingegebenen Adressdaten handle es sich nicht um ein personenbezogenes Datum gem. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Die Eingabe einer Adresse ohne Bezugnahme auf eine Person stellt somit keinen hinreichenden Personenbezug dar. Aus diesem Grund ist der Anwendungsbereich der DS-GVO auch nicht eröffnet. Die Richter des LG Berlin wiesen folglich die Klage der Frau als unbegründet ab. Es liegt kein Verstoß gegen das Datenschutzrecht vor und der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO zu.

Fazit

Das entscheidende Kriterium, ob die Vorgaben der DS-GVO und anderen Gesetzen zur Anwendung kommen, ist der Begriff des „personenbezogenen Datums“. Darunter fallen grundsätzlich alle Informationen, die sich auf identifizierte oder identifizierbare natürliche Personen beziehen. Im Einzelfall ist es für datenverarbeitende Stellen allerdings nicht immer ganz eindeutig, wann ein ausreichender Personenbezug hergestellt werden kann und damit der Anwendungsbereich der DS-GVO eröffnet ist. Umso wichtiger sind Entscheidungen wie die des LG Berlin, die Abgrenzungslinien ziehen. Nur Informationen, anhand derer sich natürliche Personen zumindest mittelbar identifizieren lassen, stellen personenbezogene Daten gem. Art 4 Nr. 1 DS-GVO dar. Bei der bloßen Eingabe einer Adresse bei Kartendiensten oder Suchmaschinen ohne Angabe weitere Informationen fehlt es an dem notwendigen Personenbezug.