Stand: 22.02.2022

Jede Werbe- bzw. Akquisemaßnahme, die ein Unternehmen durchführt oder durchführen lässt, muss bei der Verwendung personenbezogener Daten zwingend die Grundsätze des Datenschutzes erfüllen – sonst kann es für das Unternehmen unter Umständen unangenehm und mitunter richtig teuer werden.

Folgende Grundsätze sollten bei jeder Werbemaßnahme beachtet werden:

  • Werbemaßnahmen sind auch unter Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) zulässig, müssen aber gesetzlich vorgegebene Rahmenbedingungen einhalten.
  • Die gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben sich sowohl aus der DS-GVO als auch aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
  • Ob eine Einwilligung des Adressaten nötig ist, hängt vom Werbekanal ab. Bis auf wenige Ausnahmen kann man sich an folgender Faustregel orientieren: Jede Form der digitalen Werbung erfordert eine Einwilligung, jede Form der klassischen Briefwerbung ist ohne Zustimmung erlaubt.
  • Dem Werbeadressaten steht immer ein umfangreiches Informationsrecht sowie – abhängig von der Rechtsgrundlage – ein Widerrufs- oder Widerspruchsrecht zu.

Keine gesetzliche Regelung zur Werbung in der DS-GVO

Die DS-GVO selbst enthält jedoch keinen Artikel, der sich ausdrücklich mit den Regeln für Werbung beschäftigt. Aus diesem Grund kann als Rechtsgrundlage für die Werbung in der Regel nur eine Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a) DS-GVO oder das überwiegende berechtigte Interesse gem. Art 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO dienen. Welcher Rechtsgrundlage der Vorzug zu geben ist, hängt von der jeweiligen Werbemaßnahme ab und kann nicht pauschal beurteilt werden.

Einwilligung in Telefonwerbung durch Einführung des § 7a UWG

Am 1. Oktober 2021 trat im Rahmen des Gesetzes für faire Verbraucherverträge der neue § 7a UWG zur Einwilligung in Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern in Kraft. Diese neue Regelung dient mit seinen umfangreichen Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten der effizienteren Gestaltung der Sanktionierung von unerlaubter Telefonwerbung.

Jeder Unternehmer muss nach § 7a Abs. 1 UWG eine Einwilligung eines Verbrauchers in angemessener Form dokumentieren. Die Form der Dokumentation steht dem Unternehmer dabei frei. Es muss sich aber aus der Dokumentation Folgendes zwingend ergeben:

  • Die personenbezogenen Daten wurden über den behaupteten Weg eingeholt,
  • die entsprechende Einwilligung zur werblichen Verwendung wurde über den behaupteten Weg eingeholt und
  • die Person, deren personenbezogene Daten in der Einwilligung genannt werden, hat diese auch abgegeben.

Bei der Telefonwerbung kommt als zulässige Form die mündliche Einwilligung im Wege der Tonaufzeichnung in Betracht, die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich genannt wird. Achtung: Die Gesetzesbegründung führt zur Notwendigkeit der Einwilligung des Betroffenen in die Tonaufzeichnung nichts aus. Aber eine Aufzeichnung von Tonaufnahmen, die ohne Einwilligung vorgenommen wird, stellt einen Datenschutzverstoß dar und ist strafbar. In der Praxis muss der Angerufene also zweifach einwilligen: zuerst in die Aufzeichnung seiner Einwilligung und dann, dass er in Werbeanrufe einwilligt.

Nach § 7a Abs. 2 UWG muss der Unternehmer die Einwilligung für fünf Jahre ab deren Erteilung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung – also beispielsweise nach jedem erneuten Werbeanruf beim Verbraucher – aufbewahren. Auf Verlangen der Bundesnetzagentur als zuständige Behörde muss der Unternehmer die Einwilligung unverzüglich vorlegen. Hieraus ergibt sich, dass der Unternehmer seine gesamten Werbeanrufe dokumentieren muss, da ihn in diesem Zusammenhang die Beweislast trifft.

Sanktionen bei Verletzung der Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht

Bei einem Verstoß gegen die Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht der Einwilligung kann die Bundesnetzagentur zur Sanktion ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro erheben. Zusätzlich ist es möglich, dass die zuständigen Behörden weitere Pflichtverstöße ahnden:

  • So kann ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro drohen, wenn Werbung durch Telefonanrufe ohne wirksame Einwilligung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG erfolgt.
  • Datenschutzaufsichtsbehörden können daneben auch Geldbußen nach der DS-GVO verhängen, wenn ein Verantwortlicher oder Auftragsverarbeiter die personenbezogenen Daten ohne Rechtsgrundlage verarbeitet hat.

Verschiedene Dokumentationen notwendig

In diesem Zusammenhang muss zwischen zwei unterschiedlichen Inhalten differenziert werden, die dokumentiert werden müssen: einerseits die Einwilligung und andererseits die Verwendung der Einwilligung.

Im Falle der Einwilligung wünscht der Verbraucher die Werbung ausdrücklich bzw. erlaubt die Werbung zumindest. Wichtig bei dieser Rechtsgrundlage ist es, dass die Einwilligung absolut freiwillig erfolgt und bestimmte Anforderungen erfüllt sein müssen, die für eine wirksame Einwilligung nötig sind. Wird nur eine dieser Anforderungen nicht erfüllt, ist die Einwilligung unwirksam und die Datenverarbeitung unzulässig.

Abgabe der Einwilligung

Besonders wichtig für Adresshändler und/oder das werbende Unternehmen sind ab sofort folgende Punkte, die dokumentiert werden müssen:

  • Wann (Datum, Uhrzeit) und in welcher Form (Webseite, schriftlich oder mündlich) wurde die Einwilligung erteilt? Dokumentation durch Screenshots, Angabe der URL oder Tonbandaufnahmen möglich.
  • Wer hat die Einwilligungserklärung entgegengenommen (Firma, Sitz)?
  • Welchen genauen Inhalt und welche Reichweite hat die Einwilligung? Wofür darf geworben werden?
  • Wer hat die Einwilligung abgegeben (Vor- und Nachname, Telefonnummer, Anschrift)?
  • Ist die Person, deren Daten in der Einwilligung genannt sind, auch tatsächlich die Person, die die Einwilligung abgegeben hat (Überprüfung notwendig)

Verwendung der Einwilligung

Neben der Abgabe der Einwilligung muss zusätzlich auch jede Verwendung der Einwilligung dokumentiert werden. Das bedeutet, dass das beauftragte Callcenter und/oder das werbende Unternehmen jeden Werbeanruf dokumentieren muss.

Dazu müssen zwingend folgende Informationen erfasst werden:

  • Wer (Name des Callcenteragents) hat den Verbraucher kontaktiert?
  • Welches Unternehmen (Auftraggeber) hat die Telefonwerbung beauftragt?
  • Wann (Datum/Uhrzeit) wurde die Einwilligung verwendet?
  • Um welche Werbeaktion (Produkte/Dienstleistungen) handelte es sich?
  • Hat der Verbraucher seine Einwilligung im Vorfeld widerrufen?

Widerruf der Einwilligung

Wurde die Dokumentation durch ein effektives Einwilligungsmanagement etabliert, so muss zusätzlich gewährleistet sein, dass der Verbraucher sein gesetzliches Widerrufsrecht jederzeit geltend machen kann. Dazu muss er auf das Widerrufsrecht hingewiesen werden, und es muss eine einfache Möglichkeit bestehen, dieses Recht auch geltend zu machen. Daher muss ein Prozess zur Verwaltung der erteilten Einwilligungen etabliert werden, damit das beauftragte Callcenter und/oder das werbende Unternehmen jederzeit prüfen kann, ob die Einwilligung noch aktuell ist oder bereits widerrufen wurde. Sobald ein Verbraucher seine Zustimmung zurücknimmt, muss gewährleistet werden, dass er künftig keine Werbung mehr erhält.

Problem Datenaustausch

Häufig widerruft der Verbraucher nur gegenüber einem Unternehmen, beispielsweise dem Callcenter, seine Einwilligung. Damit jedoch alle beteiligten Unternehmen, Adresshändler, Callcenter des werbenden Unternehmens von dem Widerruf der Einwilligung erfahren, muss ein Prozess etabliert werden, um sicherstellen, dass alle den Widerruf erhalten und speichern können.

Wie eine solche Lösung aussehen kann, ist jedoch nicht so einfach zu beantworten. Möglich wäre die Führung von gemeinsamen Datenpools oder der Einsatz von Datentreuhändern. Bis es so weit ist, kann sich ein werbendes Unternehmen vertraglich zusichern lassen, dass für die verwendeten Telefonnummern wirksame Einwilligungen vorliegen. Dann besteht nämlich die Möglichkeit, im Haftungsfall Regressansprüche geltend zu machen.

Gesetzliche Aufbewahrungsdauer

Nach § 7a Abs. 2 UWG muss die Einwilligung fünf Jahre aufbewahrt werden. Dies gilt zunächst ab Erteilung der Einwilligung. Nach jeder Verwendung der Einwilligung – also beispielsweise nach jedem erneuten Werbeanruf beim Verbraucher – beginnt die Fünfjahresfrist erneut zu laufen.

Rechtssichere Dokumentation

Die Form der Dokumentation schreibt das Gesetz allerdings nicht vor. In § 7a Abs. 1 UWG ist von angemessener Form die Rede. Was darunter genau zu verstehen ist, legt die Bundesnetzagentur durch Auslegungshinweise fest – momentan existiert dazu allerdings nur ein Entwurf.

Betriebliches Interesse als alternative Rechtsgrundlage für Werbung

Neben der Einwilligung besteht auch noch die Möglichkeit, das Werbeinteresse auf das berechtigte betriebliche Interesse zu stützen. Hierbei muss jedoch immer eine umfangreiche Interessenabwägung durchgeführt werden.

Durch die ausdrückliche Zustimmungspflicht wird der Empfängerkreis für die Werbung deutlich kleiner, denn die Werbung darf nur an diejenigen verschickt werden, deren Einwilligung vorliegt. Daher lohnt es sich immer zu prüfen, ob auch das berechtigte betriebliche Interesse als Rechtsgrundlage infrage kommen könnte. Die europäischen Gesetzgeber haben die Direktwerbung im Erwägungsgrund 47 S. 7 explizit als mögliches berechtigtes Interesse anerkannt. Das bedeutet aber nicht, dass Direktwerbung automatisch immer auf das berechtigte Interesse gestützt werden kann. Um eine Werbemaßnahme auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO stützen zu können, ist stattdessen eine umfangreiche Interessenabwägung bezogen auf die Marketingmaßnahmen erforderlich. Sie als Unternehmer müssen nachweisbar prüfen, dass Ihrem Werbeinteresse keine Interessen der Werbeempfänger entgegenstehen bzw. dass Ihr Werbeinteresse das Schutzbedürfnis der Empfänger an der Privatheit ihrer Daten überwiegt. Dabei muss unter anderem auch geprüft werden, ob kein milderes Mittel verfügbar ist, das in gleicher Weise zum Erreichen des Zwecks geeignet ist. Ein Beispiel hierfür ist der Versand von Flyern per Post: Müssen diese wirklich persönlich an einen speziellen Empfänger adressiert werden oder können die Flyer weitläufig bspw. in einem Landkreis verteilt werden? Das Ergebnis der Argumentation ist offen, wichtig ist aber, dass Sie die Diskussion dokumentiert und alle Optionen geprüft haben.

Nur wenn die Interessenabwägung zu Ihren Gunsten ausgeht, kann die Datenverarbeitung im Rahmen der Werbung auf das berechtigte Interesse gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO gestützt werden. Zudem muss der Werbeempfänger explizit auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen werden. Dieser Hinweis sollte bei jeder Werbemaßnahme erneut enthalten sein. Beim Widerspruch gegen Direktwerbung müssen Betroffene im Gegensatz zu anderen Verarbeitungen, die auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO beruhen, keinen Grund für ihren Widerspruch angeben (Art. 21 Abs. 2, 3 DS-GVO). Das grundlose Widerspruchsrecht ist sozusagen der Ausgleich dafür, dass das Unternehmen die persönlichen Informationen ohne Zustimmung des Empfängers für Werbemaßnahmen nutzen darf. Macht ein Empfänger von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch, darf er keinerlei Werbung mehr von Ihnen erhalten – auch nicht über andere Kanäle.